Zur Deutung des Todes Jesu
- verschiedene Möglichkeiten -

Übersicht:

Einleitung

a) Der Tod Jesu als Sühneopfer im atl. Sinn
(Bibelstellen, möglicher Sinn und Ursprung dieser Sichtweise, die Sinnlosigkeit dieser Sichtweise)
-> Stellvertretendes Leiden, Möglichkeit der Sühne für Sünden anderer u.Ä. in der Bibel, den Aporyphen, den Apostolischen Vätern und im Talmud
(Sammlung von Zitaten und Bibelstellenangaben)
-> Sohn Gottes, Göttlichkeit des religiösen Lehrers und Ähnliches in Bibel, Apokryphen, Apostolischen Vätern und im Talmud
(Sammlung von Zitaten und Bibelstellenangaben)

b) Die Schwäche (Gottes und der Menschen)

c) Aspekte des johanneischen Jesus
-- Die erhöhte Schlange
-- Das zu essende Brot
-- Der sein Leben läßt für seine Freunde
-- Jesus als Platzbereiter für den Tröster
-- Tod als Bedingung für Leben
-- Der Jesus der Apokalypse

d) Die Eucharistie in den Apokryphen
--Vorformen des Abendmahls
--Betonung des Aspektes der Erkenntnis (s.o.)
--Abendmahl ohne Wein, nur mit Brot oder mit Brot und Wasser
--Kuriosa
--Texte mit nur fernem Anklang an das Abendmahl

e) Parallelen aus anderen Religionen

Anmerkungen, links und Literatur

 

Einleitung

Jesus - für uns Menschen gestorben: Das ist die griffige Formel, auf die das Chistentum oft gebracht wird. Einerseits ein schwieriges Thema: Denn wer will heutzutage ein "Menschenopfer" auch nur andenken? Andererseits ist die Formel aber auch ein Faszinosum, das mich nicht losläßt: Die überzeugende Kraft charismatischer Prediger, ihre Geborgenheit, das Bewußtsein, jemanden zu haben, der alles für sie gibt. Ich habe mich auf die Suche gemacht, was dahinter steckt.

Ein Jesus, und so viele Überlieferungen: Wie will man entscheiden, welches die wahre ist?

Und andererseits: Eine Lehre, und sie hat soviele Spiegelungen in anderen Religionen und Weltanschauungen. Kann das nicht eine Basis für gegenseitiges Verständnis sein?

Dabei geht es oft aber wirklich nur um Spiegelungen oder Anklänge, dh. aus Sicht der betreffenden anderen Religion oder Philosophie um unbedeutende Randpositionen, die hier zitiert werden. Der Autor ist sich selbstverständlich bewußt, daß jede Religion und jede Philosophie ihre charakteristischen Positionen vertritt. Eine solche Identität soll in keiner Weise mit der christlichen vermischt oder für sie vereinnahmt werden.

 

a) Der Tod Jesu als Sühneopfer im atl. Sinn
(eine meiner Meinung nach sehr oberflächlliche Sichtweise)

Bibelstellen

möglicher Sinn und Ursprung dieser Sichtweise

Die Sinnlosigkeit dieser Sichtweise

wird deutlich, wenn man bedenkt, daß das AT auch außerhalb der Tempelrituale Möglichkeiten der Sündenvergebung kennt, etwa Psalm32,5 und viele andere Stellen.

 

-> Stellvertretendes Leiden, Möglichkeit der Sühne für Sünden anderer u.Ä. in der Bibel, den Apokryphen, den Apostolischen Vätern und im Talmud

(nur was die Apostolischen Väter betrifft, ist diese Sammlung halbwegs vollständig)

-> Sohn Gottes, Göttlichkeit des religiösen Lehrers und Ähnliches in Bibel, Apokryphen, Apostolischen Vätern und im Talmud.

Ein "Sohn Gottes" ist nichts einmaliges, so sehr besonderes.

Einmal ist im AT bereits vielfach ein vaterschaftliches Verhältnis Gottes zu Menschen, ja zu den Menschen angesprochen. Das hebräische Wort für "Sohn" hat ein weites Bedeutungsspektrum und kann auch Diener, Nachfolger, Gleichdenkender o.Ä. bedeuten. Sohn (oder Kind) Gottes ist also jemand, der sein Leben an Gott ausrichtet.

Zum Anderen ist aber auch die "Vergöttlichung" eines Menschen, die Verehrung eines Mesnchen wie (nicht als) Gott mehrfach in der jüdischen Tradition belegt (von anderen Religionen einmal abgesehen) und auch im antiken Christentum keinesfalls dem Herrn Jesus vorbehalten.

 

b) Die Schwäche (Gottes und der Menschen)

Bibelstellen

Sinn dieser Sichtweise

 

c) Aspekte des johanneischen Jesus

Bibelstellen

Die erhöhte Schlange 4.Mose21,4-9+Wsh16,5-7+Joh3,14
Das zu essende Brot / Fleisch Sir24,19ff+Joh1,1-14+Joh6,48-58
Der sein Leben läßt für seine Freunde Joh15,13+Joh18,8
Jesus als Platzbereiter für den Tröster Joh16,7
Tod als Bedingung für Leben Mk8,35 + Joh12,24 + Joh16,7 + Röm6,8 + 1.Kor15,31b + Eph4,22-24 + Kol3,9-10 + ...
Der Jesus der Apokalypse Offb7+14

 

Sinn dieser Sichtweisen

-- Die erhöhte Schlange

(4.Mose21,4-9+Wsh16,5-7+Joh3,14): Die typische Nähe des Johannes zur Gnosis, hier speziell zur gnostischen Bilderverehrung. Die Rettung geschieht gem. Wsh16,7 nicht durch den Tod Jesu, sondern durch den hinter Allem stehenden Retter aller Menschen.

(Bilderverehrung ist auch aus anderen Religionen als ein wirksamer Ritus bekannt. Wichtig ist dabei, um dem ersten (bzw. nach anderer Zählung zweiten) Gebot gerecht zu werden, das Bild nicht mit der Gottheit zu identifizieren. Der Sohn ist vielmehr vom Vater abhängig (Joh5,19), er ist das Mittel, durch das der Vater erkannt werden kann (Joh14,9), von ihm also verschieden.)

Hat man etwas gelernt und beschäftigt sich nicht mit diesem Wissen, dann gerät es in Vergessenheit. Wissen muß gebraucht werden, um im Bedarfsfall präsent zu sein. Und sei es, daß man es sich nur regelmäßig ins Gedächtnis ruft. Eine Bildmeditation kann da hilfreich und festigend sein. Das ist Lernpsychologie und keine Magie, zumindest nicht Magie im Sinn von Zauberei und Aberglauben, allenfalls in einem phänomenologischen Sinn.

Eine spekulative, gnostisierende Auslegung von Joh3,14 möchte ich noch anfügen:
Nach manchen gnostischen Sichtweisen wollte der Demiurg den Menschen in Unwissenheit gefangen halten. Die Schlange war es dann, die den Menschen mit dem Wissen erleuchtet hat (-> Baum der Erkenntnis). Ein wenig dieser positiven Wertung schwingt ja auch in der Bezeichnung Luzifer (=Lichtbringer) für Satan mit. Die ambivalente Wertung der Schlange liegt dabei mE in der Natur der Sache.
- auf der einen Seite entfremdet Wissen die Menschen von ihren Gefühlen und verleitet dazu, zB Warnungen des Instinktes zu übersehen -> Vertreibung aus dem Paradies. Insbesondere ein sich-Verlassen auf Halbwissen ist da gefährlich
- Erst mit tieferem Wissen kehrt der Kontakt zu den tieferen Persönlichkeitsebenen zurück, aus denen Gott zu uns spricht. Das ermöglicht dann wieder eine positive Wertung des Wissens.
Speziell in Joh3,14 ist das Schlangengleichnis in eine historische Begebenheit eingebettet, und zwar in das Gespräch mit Nikodemus.
(Nebenbemerkung: Ich könnte mir vorstellen, daß Jesus in höheren Kreisen eine Unfigur war, mit der man sich nicht abgeben konnte, ohne an Gesicht zu verlieren. Josephus, genauso wie Nikodemus Pharisäer, zeigt ja eine sehr skeptische Haltung gegenüber allen Wundertätern und Messiasfiguren. Nikodemus "traut" sich jedenfalls nur zur Nachtzeit zu einem Gespräch mit Jesus und äußert seine Bedenken (oder Fragen, je nach Sichtweise).)
Für mich ist nun undenkbar, daß Jesus ohne Zusammehang das Wort von der Moseschlange redet. Es muß da mE einen vorhergehenden Disput gegeben haben, in dem sich der Bezug auf die Schlange sinnvoll - vielleicht als Polemik im Stile von Joh10,34, denn der Vers3,15 ist ja für einen Pharisäer ähnlich blasphemisch wie Joh10,30 - ergibt. Dieser Disput könnte sich um die positive (gnostische) Wertung der Paradiesschlange seitens Jesu und die negative Wertung (die klassische seitens Nikodemus') gedreht haben, wobei man freilich eine vorchristliche Gnosis annehmen müßte. Nikodemus hätte dann Jesus vorgeworfen, mit der gnostischen Lehre, durch Erkenntnis alle zu erlösen, den Menschen vielmehr das Unheil zu bringen, wie auch die Frucht vom Baum der Erkenntnis den Menschen Unheil gebracht hätte. Jesus konterte dann sachgerecht: Die Erhöhung der Schlange besiegt die Schlange. Oder klartext: Die Vervollkommnung des Wissens macht die bedenklichen Aspekte des Halbwissens gegenstandslos. (Halbwissen tötet,) vollendetes Wissen aber erlöst. (s.o.)

-- Das zu essende Brot

(Sir24,19ff+Joh1,1-14+Joh6,48-58): Man wird den johanneischen Logos mit der Weisheit (hier insbesondere bei Sir) identifizieren können *1). Wenn Jesus in Joh6,51ff davon redet, daß man Sein Brot bzw. Fleisch essen solle, dann bedeutet das im Kontext der Weisheitsliteratur, daß man Weisheit sammeln soll. Es muß nicht unbedingt wörtlich (im Sinne eines alt. Opferritus miß-)verstanden werden. Gerade in Sir.24,21-22 wird der Zusammenhang der Eucharistie mit der Sündenvergebung auf eine sehr viel ansprechendere Weise deutlich; die "Weisheit" spricht dort: "Eßt mich, ... , trinkt mich ...! ... Tut, was ich sage, und bleibt (auf diese Weise, U.G.) frei von Schuld!" Dies gehört untrennbar zu dem unter b) erwähnten Aspekt der Sündenbefreiung.
(ähnlich könnte das Vater-unser gedeutet werden)

-- Der sein Leben läßt für seine Freunde

(Joh15,13+Joh18,8): Auch Joh15,13 muß man, wenn man diese Stelle auf Joh18,8 bezieht, nicht unbedingt in Sinne eines atl. Opfers (miß-)verstehen. Man kann sie ganz einfach wörtlich nehmen. Bei Johannes fehlt das Motiv des Judaskusses. Jesus gibt sich vielmehr selber seinen Verfolgern zu erkennen, um auf diese Weise Schonung für seine Jünger zu erwirken.

-- Jesus als Platzbereiter für den Tröster

(Joh16,7): "Denn wenn ich nicht hingehe, so kommt der Tröster nicht zu euch". Auch nach diesem Jesuswort hat die Erlösung nichts mit dem atl. Opfergedanken zu tun. Im Bhaktiyoga redet man in ähnlichem Zusammenhang von "Gemeinschaft in Trennung". Wenn der Meister gegangen ist, erlebt man ihn als die Lücke, die er hinterläßt, und seine Lehre wird auf diese Weise mindestens ebenso stark reflektiert, wie wenn er noch dawäre. Sein Fehlen nötigt einen geradezu, zu versuchen, die Lücke zu füllen. Dem Schmerz, diesem intensiven Ruf, antwortet der Heilige Geist (Mt7,7). Auch das gehört untrennbar zum Punkt Sündenvergebung.

-- Tod als Bedingung für Leben

(Mk8,35 + Joh12,24 + Joh16,7 + Röm6,8 + 1.Kor15,31b + Eph4,22-24 + Kol3,9-10 + ...): Nur durch das Vergehen des Alten wird Platz für Neues geschaffen.

-- Der Jesus der Apokalypse

(Offb7+14): In diesen beiden Kapiteln ist einerseits von den 144000 und andererseits von der großen Schar die Rede. Während die 144000 offensichtlich aus dem Volk Israel stammen (7,4-8) und einen asketischen Weg gehen (14,3), wird nur von der großen Schar aus den Heiden berichtet, daß sie sich im Blut des Lammes gewaschen habe (7,9+14). ME ist hier von zwei verschiedenen Strömungen des frühen Christentums die Rede: Die erste mißt dem Tod Jesu keine Sühnefunktion bei, für die zweite hat das Blut Christi dagegen reinigende Kraft.

d) Die Eucharistie in den Apokryphen usw.

Übersicht:

Vorformen des Abendmahls
Betonung des Aspektes der Erkenntnis (s.o.)
Abendmahl ohne Wein, nur mit Brot oder mit Brot und Wasser
Kuriosa
Texte mit nur fernem Anklang an das Abendmahl

 

Vorformen des Abendmahls

Sedermahl

mögliche (jüdische) Urform des Abendmahls

Qumran

Sektenregel (1QS) VI,4f: "Wenn sie den Tisch bereiten, um zu essen oder den Wein zu trinken, strecke der Prister zuerst die Hand aus, am Anfang das Brot zu segen oder den Wein zum trinken."

entspricht einem Tischgebet

Mandäer

Im Johannesbuch heißt es vom Täufer Johannes: "Wir werden sein Pihta empfangen, sein Mambuha trinken und mit ihm zum Orte des Lichts emporsteigen" *3)

die Eucharistie wird vom Täufer gespendet.

 

Betonung des Aspektes der Erkenntnis

Didache9,1-5

"Beteffs der Danksagung aber: Sagt folgendermaßen Dank: Zuerst den Kelch betreffend: Wir danken dir, unser Vater, für den heiligen Weinstock Davids, deines Knechts, den du uns kundgemacht hast durch Jesus, deinen Knecht (oder: Sohn). Dir (sei/ist) die Herrlichkeit in Ewigkeit! Betreffs des gebrochenen Brotes aber: Wir danken dir, unser Vater, für das Leben und die Erkenntnis, die du uns kundgemacht hast durch Jesus, deinen Knecht (oder: Sohn). Dir (sei/ist) die Herrlichkeit bis in Ewigkeit. Wie dieses gebrochene Brot zerstreut war auf den Bergen, und zusammengebracht ist es eins geworden, so soll deine Kirche zusammengebracht werden von den Enden der Erde in dein Reich. Denn dein ist die Herrlichkeit und die Macht durch Jesus Christus bis in Ewigkeit. Niemand aber soll essen und auch nicht trinken von eurer 'Eucharistie' als die, die getauft worden sind auf den Namen des Herrn. Denn gerade darüber hat der Herr gesprochen: Gebt nicht das Heilige den Hunden."

vgl auch 1.Kor10,16

Das gnostische Philippusevangelium

zwei gnotische Einsetzungsformeln *2)

Aus dem gnostischen Evangelium der Wahrheit *4)

 

Abendmahl ohne Wein, nur mit Brot oder mit Brot und Wasser

Die Mandäer

halten im Anschluß an die Taufe eine einfache Kommunion mit Brot und Wasser
(Rudolph, Gnosis, Seite 388)

Die Johannesakten

bezeugen eine Kommunion nur mit Brot:

Die Paulusakten

bezeugen eine Kommunion mit Brot und Wasser.

Die Petrusakten

kennen kennen sowohl eine Eucharistie mit Brot und Wasser als auch nur mit Brot.

Die Thomasakten

kennen auch der Aspekt der Sündenvergebung, der Wein wird bis auf eine zweideutige Stelle nur als Bestandteil eines heidnischen Opfers erwähnt. Ansonsten besteht die Eucharistie aus Brot oder aus Brot und Wasser. Ein einziges Mal scheinbar auch aus einem vollständigen Mahl mit Brot, Gemüse, Salz und Öl.

Pseudoklementinen

In einem der Einleitungsschreiben, dem Zeugnis über die Empfänger des Briefes (Contestatio), Vers 4,3 scheint die Eucharistie aus Brot und Salz zu bestehen.

 

Kuriosa

Die Ophiten bei Epiphanius

(Im folgenden habe ich aus Kurt Rudolph, Die Gnosis, UTB 1577, 3.Aufl.1990, Seite 255f abgeschrieben:)
>>Die symbolhafte Umsetzung gnostischer Weisheiten in die kultische Praxis hat in einigen Zweigen offenbar zu sehr schockierenden Bräuchen geführt, die wir noch kurz erwähnen möchten, da sie besonders in der älteren Forschung viel Aufmerksamkeit fanden. Ältester Informant darüber ist Epiphanius, also eine relativ späte und nicht sehr zuverlässige Quelle. Im Abschnitt über die sogenannten Ophiten ("Schlangenleute") seines "Arzneikastens" teilt er folgende Mahlfeier dieser Gemeinde mit: "Sie besitzen nämlich eine Schlange, die sie in einer gewissen Kiste nähren; zur Stunde ihrer Mysterien bringen sie sie aus der Höhle, und während sie auf einem Tisch Brote anhäufen, rufen sie die Schlange heraus. Ist die Höhle nun geöffnet, kommt sie heraus ... kriecht auf den Tisch und wälzt sich in den Broten: dies, sagen sie, sei das 'vollkommene Opfer'. Weshalb sie auch, wie ich von einem gehört habe, nicht nur 'die Brote brechen' (ein altchristlicher Abendmahlsausdruck), in denen sich die Schlange gewälzt hat, und den Empfängern darbieten, sondern jeder küßt auch die Schlange auf den Mund, da ja durch eine Beschwörung die Schlange gezähmt ist ... Sie fallen vor dieser (verehrend) nieder und nennen dies die 'Danksagung' (Eucharistie), die durch ihr (der Schlange) Sichwälzen (in den Broten) entstanden ist, und ferner senden sie mittels ihrer dem Vater in der Höhe einen Hymnus empor; dergestalt beenden sie ihre Mysterienfeier" <<
Als Quelle des Epiphanius-Zitates ist Panarion 37,5,6-8 angegeben.

angebliche libertinistische Mahlfeiern nach Epiphanius

einiger Gnostiker werden von Rudolph auf den Seiten 256 anhand von Epiphanius, Panarion26, dargelegt. Da wurde angeblich das Sperma zum Leib Christi sowie das Menstrualblut zum Blut Christi erhoben und beide verzehrt, ebenso wie abgetriebene Föten.

Das Ganze kann noch weniger ernst genommen werden, wie das vorhergehende Epiphaniuszitat, zumal aus den nunmehr reichlich vorliegenden gnositschen Originalquellen nichts derartiges zu ersehen ist.
Möglicherweise ist Epiphanius haltlosen Verleumdungen aufgesessen, wie sie auch heutzutage manchen Sekten nachgetragen werden.

Der Valentinianer Markos bei Irenäus (Adv.Här.I,13,2)

"Er tut so, als würde er über einen Kelch mit Mischwein den Dank sprechen, und zieht den Text der Anrufung (Epiklese) ganz erheblich in die Länge. Dabei macht er, daß der Wein ganz rot aussieht, und man soll glauben, daß die aus den allerobersten Räumen stammende Charis (Gnade) ihr Blut auf seine Anrufung hin in seinenKelch tröpfeln läßt, und die Anwesenden sollen ganz versessen darauf werden, von diesem Trunk zu kosten, damit die von diesem Magier beschworene Charis auf sie herabregnet. Oder er gibt auch Frauen solche Becher mit Mischwein und läßt sie den Dank darüber sprechen, während er dabeisteht. Danach nimmt er selbst dann einen anderen Kelch, der sehr viel größer ist als der, über den die hinters Licht geführte Frau den Dank gesprochen hat, leert den Wein aus dem kleineren Becher, über den von der Frau der Dank gesprochen worden war, in den von ihm herbeigebrachten und sagt dazu: 'Die Charis, die vor allem war, unausdenkbar, unsagbar, erfülle deinen inneren Menschen (vgl. Eph.3,16) und vermehre in dir ihre Erkenntnis (Gnosis), indem sie das Senfkorn (vgl. Mk.4,31 par) in die gute Erde (vgl. Mk.4,8 par) senkt.' Mit solchen Redensarten bringt er die unglückliche Frau völlig durcheinander und spielt den Wundertäter, da der größere Kelch aus dem kleineren so voll wurde, daß er überfloß. Mit lauter solchen Sachen hat er viele hinters Licht geführt und an sich gebunden."

Zitiert nach der Übersetzung von Brox, ISBN 3-451-22125-X
In Abschnitt I,13,5 schildet Irenäus dann, wie Markos den Frauen entsprechende Mittel in den Wein tut, um sie sich gefügig zu machen.

 

Texte mit nur fernem Anklang an das Abendmahl

Hebräerevangelium

Hieronymus, de vir. inl. 2, berichtet: "Das Evangelium, das nach den Hebräern genannt wird und von mir neulich ins Griechische und Lateinische übersetzt worden ist, das auch Origenes häufig benutzt, berichtet nach der Auferstehung des Heilands: Als aber der Herr das Leintuch dem Knecht des Proesters gegeben hatte, ging er zu Jakobus und erschien ihm. Jakobus hatte nämlich geschworen, er werde kein Brot mehr essen von jener Stunde an, in der er den Kelch des Herrn getrunken hatte, bis er ihn von den Entschlafenen auferstanden sähe. Und kurz darauf sagte der Herr: Bringt einen Tisch und Brot! Und sogleich wird hinzugefügt: Er nahm das Brot, segnete es und brach es und gab es Jakobus dem Gerechten und sprach zu ihm: Mein Bruder, iß dein Brot, denn der Menschensohn ist von den Entschlafenen auferstanden."

Auch hier fehlt der Aspekt der Sündenvergebung. Zumindest ist er nicht überliefert.

Epistula Apostolorum 5

Im Anschluß an die Speisung der 5000 mit fünf Broten und zwei Fischen wird dort gefragt: "Welche Bewandtnis hat es mit diesen fünf Broten? Sie sind ein Bild unseres Glaubens betreffs der großen Christenheit und das ist an den Vater, den Herrscher der ganzen Welt, und an Jesum Christum, unseren Heiland, und an den Heiligen Geist, den Parakleten, und an die Heilige Kirche und an die Vergebung der Sünden."

ebd.15: "O Herr, hast du nicht das Trinken des Pascha vollendet? Obliegt es uns denn, es wiederum zu tun? Und er sprach zu uns: Ja, bis daß ich komme vom Vater mit meinen Wunden."

Im Ebionäerevangelium

bei Epiphanius, haer.30,16.5 spricht Jesus: "Ich bin gekommen, die Opfer abzuschaffen, und wenn ihr nicht ablaßt zu opfern, wird der Zorn von euch nicht ablassen."

vgl. Hosea 6,6 und andere Stellen, wo der Verzicht auf den Opferkult nicht eines Konstruktes wie des Opfertodes Jesu bedarf.

Bartholomäusevangelium 2,18ff

Maria erhält von einem "in der Gestalt eines Engels" Brot und Wein gereicht, und der "Engel" verkündet ihr: "Noch drei Jahre, dann werde ich meinen Logos senden und du wirst meinen Sohn empfangen."

Doketismus

gnostische Lehre, daß nicht Christus am Kreuz gelitten habe, sondern ein anderer (idR. der menschliche Jesus). vgl. die ähnliche Ansicht im Koran4,158 und die Legende um Simon von Kyrene Lk23,26par.

-- Johannesakten 98f
-- Petrusapokalypse (NHC, VII,3) 81,15-21
usw. vgl. NT-Apo II Seite 169

 

e) Parallelen aus anderen Religionen

Hier gilt ganz besonders das bereits in der Einleitung Gesagte: Einige der Motive sind in gewissen Religionen zwar bezeugt, haben dort aber kaum Bedeutung. Im Folgenden können nur wenige Beispiele angeführt werden, sodaß schnell ein verzerrtes Bild entsteht. Das ist nur soweit beabsichtigt, als ich aufzeigen möchte, daß die Religionen und Weltanschauungen sich - wo nicht in ihren zentralen Lehren, so doch zumindest an ihren Flanken - berühren:

 

1. Gottessohn und Jungfrauengeburt Lk 1, 35

1.1. Griechenland und Rom

Die Genealogieen der Götter und Halbgötter aus diesem Kuturkreis, Götter, die zu Menschen eingehen, sind hinreichend bekannt.

Aus dem Corpus Hermeticum I.Poimandres6: "Das lichthafte Wort aus dem Geist ist Gottes Sohn."

1.2. Ägypten

Der Pharao galt als Gott und Göttersohn. vgl Hes.29,3

1.4. Indien

kennt ähnliche Götter- und Halbgöttergenealogieen wie die Griechen und Römer. Als Beispiel sei nur die jungfräulichn Kunti genannt, die vom Sonnengott geschwängert wurde und einen Sohn namens Karna gebar.

1.5. Islam

Der Islam lehnt jede Göttlichkeit irgendwelcher Menschen strikt ab. Dabei genießt der Prophet Mohammed aber eine sehr hohe Achtung:

Buchari überliefert den folgenden Hadith in XCIII,1 (Gesandter Gottes = Mohammed):
"Abu Huraira (Ra) berichtet, der Gesandte Gottes (S) habe gesagt:
Wer mir gehorcht, gehorcht Gott. Und wer mir den Gehorsam verweigert, verweigert Gott den Gehorsam. Wer dem gehorcht, dem ich den Befehl übertragen habe, der gehorcht mir. Und wer sich ihm widersetzt, wideersetzt sich mir."

1.6. Judentum

(s.o.)

 

3. Stellvertretendes Leiden, stellvertr. Sühne u.Ä.

3.5. Islam

Buchari XXIII,95 "Aisa (Ra) berichtet: Ein Mann sagte zum Propheten (S): 'O Prophet, meine Mutter ist überraschend gestorben. Ich glaube, sie hätte Almosen gegeben, wenn sie noch Zeit gehabt hätte, ihren letzten Willen zu äußern! Wenn ich an ihrer Stelle Almosen geben, wird sie dann dafür belohnt werden?' Der Prophet (S) erwiderte: 'Ja.' "

ähnlich XXV,1 zur Wallfahrt sowie XXX,42 zum Fasten.

3.6. Judentum

s.o.

 

4. Die Schwäche

4.7. Taoismus

"Schwachheit ist die Wirkkraft des Tao" (Taoteking Nr.40)

"Nichts auf der Welt ist so weich und nachgiebig wie das Wasser.
Und doch bezwingt es das Harte und Starke; nichts kommt ihm darin gleich.
Das Schwache überwindet das Starke,
das Weiche überwindet das Harte.
Niemandem in der Welt ist es unbekannt,
doch von keinem wird es angewandt.
Darum sagt der Weise:
Wer auf sich nimmt den Schmutz imLand,
der sei als Priester anerkannt.
Wer auf sich nimmt auch Not und Pein,
der mag des Reiches König sein.
Wahre Worte sind wie umgekehrt." (ebd. Nr. 78)

 

Anmerkungen, Links und Literatur

*1) Die Identität des johanneischen Logos mit der Weisheit der atl. Weisheitsliteratur:
Die Weisheit -
- war am Anfang (Sir1,4  Wsh9,9),
- auf Gott hin ausgerichtet (pros ton theon, Akkusativ!) (Wsh6,18-19),
- mit dem Schöpfer identisch (Wsh8,4),
- von Anfang an bei Gott (Spr8,22),
- das Licht der Menschen (Wsh7,26-29).
Joh1,1-4 ist damit komplett in der Weisheitsliteratur fragmentarisch vorgeformt.

*2) Quelle http://www.webcom.com/~gnosis/naghamm/nhlalpha.html (?)

*3) Lidzbarski: Das Johannesbuch der Mandäer, Seite 81
Pihta = Brot (Sakrament)
Mambuha = Sakramentstrunk (Wasser, seltener Wein)

*4) Hörmann: Gnosis, Seite 207, 214

weitere Quellen in web und Literatur auf meiner linkseite

 

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erstellt: letzte Änderung: 21.03.2002