"Gott ist wahrhaftig und alle Menschen Lügner" (Römer 3,4)
("Neuoffenbarungen", dilettantische "Wissenschaft" und dergl. mehr)
Das
Evangelium des vollkommenen Lebens
Das
Friedensevangelium der Essener
Die Jesus-in-Indien-Legende
Reinkarnation in der
Bibel?
Vegetarismus in der Bibel?
Jesus ein Essener?
Bibelfälschung
auf dem Konzil von Nicäa?
Sonstiges
Links und Literatur
Das EVL hat (zumindest in der Übersetzung) wortwörtliche Parallelen zum Johannesevangelium wie auch zu den Synoptikern. Manche Stellen lassen nur eine Anlehnung an die kanonischen Evangelien erkennen oder variieren apokryphes Material. Weil es aber kaum (weniger als 10%) unbekannte Motive bringt, gehe ich davon aus, daß die kanonischen Evangelien nicht vom EVL abhängig sind, sondern daß das EVL aus den Evangelien schöpft. (Warum auch hätte Johannes als der jüngste Evangelist praktisch nur die Teile des EVL in sein Evangelium - soweit es um die Zeit Jesu als Wanderprediger geht - übernehmen sollen, die von den Synoptikern zuvor verworfen worden waren? Warum hätte er überhaupt abschreiben sollen, wo er doch offensichtlich so viel mehr aus eigenem Wissen zu berichten hätte, vgl. Joh.21,25?)
Angeblich soll das EVL im 19. Jh medial empfangen worden sein (Grönbold Seite 17, Finger S.23f). Bezug ist bei Finger die 5. Auflage des Humata-Verlages sowie ein von Ouseley im Jahr 1897 geschriebener Brief, in dem er behauptet, "er habe den Text medial mit Hilfe seiner theosophischen Mentoren Anna und Edward Maitland sowie der Geister Emanuel Swedenborgs und des Bruders Placidus empfangen, die bereits die Übersetzung ins Englische bewerkstelligten. (Fußnote: Per Beskow, Strange Tales about Jesus - a survey of unfamiliar gospels, Philadelphia: Fortress Press 1983, S. 72)" (Finger Seite 24). In der 7. Auflage wird abweichend von einem aramäischen Manuskript berichtet, das von Essenern in einem buddhistischen Kloster Tibets (Anm.: Der Buddhismus ist erst im 7.Jh nChr. nach Tibel gelangt, Essener dürfte es zu diesem Zeitpunkt wohl nicht mehr gegeben haben) versteckt worden und nun (so laut "Heliand" im Drei Eichen Verlag, 9. Auflage 1991 S.48) von Ouseley übersetzt worden sei (Anm.: keiner hat dieses Manuskript bislang zu Gesicht bekommen). Finger berichtet noch von einer dritten Version: "Die englische Ausgabe von 1972 gibt noch eine andere Version: Ein Bruder Placidus habe das von Johannes in Rom geschriebene Werk in Tibet entdeckt, ins Lateinische übersetzt und den Kardinälen vorgelegt - worauf es in den Archiven des Vatikan verschwand." (Seite 23f)
Weiter schreibt Finger Seite 26f: "In Palästina benutzte man Pferde nicht als Lasttiere. Und das Trainig von Jagdhunden gehört in das England, in welchem Ouseley lebte. Auch die verwendeten theologischen Begriffe (Trinität, der Geist als 'Lebensspender', ausgehend von der 'Heiligen Zweiheit' Vater und Sohn) entstammen gedanklichen Prozessen und Bekenntnissen, welche sich erst einige hundert Jahre nach den Aposteln und Essenern entwickelten. Ganz abgesehen von den beschriebenen Ritualen, welche Vertrautheit mit späteren orthodoxen und katholischen Bräuchen zeigen." (ich hab's im einzelnen nicht nachgeprüft)
Auch daß Autoren wie Baigent und Leigh mit "Verschlußsache Jesus" oder Skriver mit "Lebensweise Jesu" im Literaturnachweis der Ausgabe des Humata-Verlages (7.Auflage) auftauchen, läßt mich an der Seriosität der Veröffentlichung zweifeln. Was in den Anmerkungen gesagt wird, ist zT falsch. Gleich in der ersten heißt es zB: "Daß die Familie Jesu dem Essenertum ... nahestand ... ist ... belegt." Das entspricht nicht dem Stand der Forschung. Es gibt da noch weitere Fehler, um die es hier aber nicht geht.
Die Authentizität eines Wortes ist bei alledem natürlich kein sicherer Maßstab für seinen Wahrheitsgehalt. "Auch die angenommenen Evangelien fielen nicht beglaubigt vom Himmel. Sie müssen notwendigerweise zuerst auf inneren Beweis hin angenommen werden." (Nachwort EVL, S.242) Dem möchte ich zustimmen.
Die "Evangelien der Essener" (EE) hat Szekely 1933 und fortführend in den 70er Jahren des 20. Jh veröffentlicht.
Das EE kann mE nicht als authentisch gelten.
Einmal wollte Szekely nicht mit dem aramäischen Original herausrücken, und er hat dessen Alter nicht untersucht, zumindest nicht öffentlich.
Zum Anderen gibt es Inhaltliche Gründe:
Jesu angebliche Empfehlungen im Friedensevangelium des EE, nichts Gekochtes zu essen und Weizen angekeimt zu verspeisen, passen vielleicht als Gesundheitslehre in das letzte Jahrhundert - und Szekely war ja Arzt - , aber ob sie auch zu den Essenern passen? In den Qumran-Texten ist mir derartiges jedenfalls nicht begegnet. Josephus kennt bei den Essenern Koch und Bäcker, und Philo spricht von Hefebrot, das die Essener essen würden.
Die Verwendung des Wortes "Holocaust" in der Übersetzung verweist sie in den Bereich des Unwissenschaftlichen.
Für das nicht-kaufen-können aus Off13,17 nennt das EE im Gegensatz zur Bibel den Grund, daß alles infolge der Anbetung des Tieres in Blut schwimmen würde. Das EE beschränkt das nicht-kaufen-können _nicht_ auf die Gläubigen. Damit verbaut sich die EE-Version der Offenbarung eine Möglichkeit der Deutung auf historiche Ereignisse des ersten Jahrhunderts nChr. Dafür ist dann leichter ein (vom biblischen verschiedener) Sinn im Text zu finden. Theologen argumentieren idR so, dass sich ein leichtverständlicher Text eher aus einem schwerverständlichen ableiten läßt, als daß umgekehrt jemand einen leichtverständlichen Text so bearbeitet, dass ein schwer verständlicher daraus wird. (Wozu sollte Letzteres auch gut sein?)
Nach den Posaunenvisionen spricht ein Engel (Anm.: Dieser Teil des EE wurde erst nach dem zweiten Weltkrieg veröffentlicht): "Der Mensch hat diese Mächte der Zerstörung geschaffen, er hat sie aus seinem eigenen Geist hervorgebracht. Er hat sein Antlitz von den Engeln des Himmelsvaters und der Erdenmutter abgewandt, und er hat seine eigene Vernichtung bewirkt." ME hört sich das für einen Essener viel zu atheistisch an. Ebenso, daß im "1.Gebot" oder im "Johannesprolog" des EE Gott mit dem Gesetz gleichgesetzt wird. Ich stecke aber nicht hinreichend in der Materie drin, um sicher urteilen zu können
(Und viele andere Abweichungen.)
Im Kapitel "Der Engel der Luft" heisst es zB noch: "Inmitten der frischen Luft der Wälder und Felder wirst du dem Engel der Luft begegnen. Geduldig erwartet er dich, bis du die feuchten, überfüllten Höhlen der Städte verläßt. Begehre ihn dann und atme tief den heiligen Luftzug ein..."
In Palästina dürfte das Problem der Städte mehr ein zuwenig an Wasser als ein zuviel sein. Die feuchten Städte scheinen mir eher in Europa zu hause zu sein.
Na, vielleicht reichen diese paar Stichpunkte ja schon, um hinter dem EE die blühende Phantasie (und das ist nicht unbedingt abwertend gemeint) des Herrn Szekely zu vermuten. Von der Wissenschaft wird das EE jedenfalls ignoriert.
Günter Grönbold befaßt sich mit den diversen Quellen dieser Theorie und kommt in seinem Buch "Jesus in Indien, das Ende einer Legende" (Kösel-Verlag, 1985) zu dem Schluß, daß diese Theorie am Ende des 19.Jh ohne haltbares Fundament entstanden ist. Ganz knapp ein paar Punkte:
Da ist zunächst der Bericht des Herrn Notowitsch aus dem Jahre 1894 über angebliche Schriften im buddhistischen Kloster Hemis dGon-pa zum Leben Jesu, aus denen man ihm vorgelesen hätte. Grönbold berichtet von einigen Nachforschungen, denen dieser Bericht nicht standhalten konnte. Auch Holger Kersten (Buch "Jesus lebte in Indien") wäre in dem betreffenden Kloster nicht fündig geworden.
Weiter gibt es das sogenannte "Evangelium des vollkommenen Lebens", das (Kap6, Vers13) von einer Reise Jesu nach Indien berichtet. Dieses Evangelium wurde nach Grönbold auf medialem Wege im Jahre 1881 empfangen (was die Ausgabe des Humata-Verlages, 7. Auflage, verschweigt). Das angebliche Original, das - so der "Empfänger" Ouseley - in einem buddhistischen Kloster liegen soll, ist bis heute nicht gefunden.
Medial empfangen ist ebenfalls das 1908 veröffentlichte Wassermannevangelium. Seine Übereinstimmunmg mit Notowitsch soll "bemerkenswert" (Kersten) sein.
1899 schreibt der Gründer der Ahmadiyya-Bewegung Ahmad sein Buch "Jesus starb in Indien" (deutsch ISBN 3-921458-39-0). Unter anderem verweist er auf die Abgar-Sage, die aber lediglich von dem Besuch eines Jüngers Jesu in Edessa (liegt auf dem Weg nach Indien) weiß. Um das wieder gerade zu biegen, werden dieser Sage "Falschheit und Übertreibungen" unterstellt (S.78).
Weiter verweist Ahmad auf Parallelen zwischen Buddhismus und Christentum, etwa daß sowohl Jesus als auch Buddha ohne menschliche Zeugung empfangen worden seien, beide hätten vierzig Tage gefastet und in Gleichnissen gepredigt. Reinkarnation sei mit dem Evangelium vereinbar, uvm. Das ist zum Teil sicher richtig, belegt aber mE keine wie auch immer gerichtete Beeinflussung der einen Religion durch die andere. Hier ist vielmehr an archetypische Parallelen zu denken.
Philologische Argumente sind von Grönbold ebenfalls für unhaltbar befunden worden.
Richtig ist, daß nach dem Koran (4,158) Jesus nicht am Kreuz gestorben ist. Eine ähnliche Überlieferung ist auch aus recht alten, gnostischen Quellen bekannt.
"Andere Beweise sind ... Aussagen von Texten, die erst in der islamischen Periode entstanden, also (in diesem Fall) keine historische Beweiskraft haben" schreibt Grönbold (S.47), allerdings ohne diese Texte geprüft zu haben (S.139). Obermeier ("Starb Jesus in Kaschmir?" S.179) berichtet zB von einem angeblich 1000 Jahre alten arabischen Geschichtswerk "Ikmal-ud-Din", das den Tod Jesu in Kaschmir schildern würde.
Grönbold kommt bei alledem jedenfalls zu dem Schluß (S.139): "Der eine Teil der JiIL (Jesus in Indien Legende, U.G.) - und als eine reine Legende hat sich die Geschichte erwiesen - daß nämlich Jesus in seinen Jugendjahren in Indien gewesen sei, ist der Erfindungsgabe des Herrn Notowitsch entsprungen. ... Der andere Teil, daß Jesus nicht am Kreuz starb und anschließend nach Kaschmir ging, wo er dann einen natürlichen Tod fand, ist von Ghulam Ahmad, dem Gründer einer islamischen Sekte, in die Welt gesetzt worden."
Finger sieht die Quellen des JiIl bereits in einem verklärten Indienbild des 19. Jahrhunderts. Ein L.Jacolliot (1837-1890) hätte zB. mit wissenschaftlichem Anspruch die Identität von Krishna und Christus vertreten. Auch antike Quellen kämen in betracht, so die Thomasakten (Reise des Apostels Thomas, des sog. Zwillings Jesu, nach Indien), manichäische Quellen (Missionsreise Manis, der sich ebenfalls als Zwilling Jesu sah, nach Osten ins Zweistromland), Das Leben des Apollonius von Tyana (von Philostrat verfaßt, erläutert von V. Mumprecht, München 1983, gerade mit Apollonius hätte man sich im 19. Jh. intensiv beschäftigt, seine Indienreise sowie viele Parallelen zum Leben Jesu haben vielleicht das Ihre zur JiIL beigetragen) und schließlich die Abgarsage (angebliche Kontakte Jesu nach Edessa).
Das reicht vielleicht, um von den Stärken und Schwächen der Befürworter und Gegner dieser Theorie ein Bild zu bekommen, ein Rest von Unsicherheit bleibt natürlich immer.
a) Joh 9,2
b) Reinkarnation im Judentum
c) Elia - Johannes dT.
a) Joh 9,2
Die Jünger fragen nach einer eventuellen Schuld des Neugeborenen, was auf Reinkarnation hinzudeuten scheint:
- Zunächst einmal denke ich hier auch an die Möglichkeit der Sünde im Mutterleib. Sie wird im Talmud (Sanhedrin91b) diskutiert, es ist also nicht abwegig, daß auch Jesu Jünger in diese Richtung gedacht haben könnten.
- Zweitens scheint mir der Schluß von der schuldfähigen Präexistenz auf die Reinkarnation fragwürdig zu sein. Er würde die Schuldfähigkeit im Jenseits ausschließen. Dagegen spricht u.a. die Vorstellung von der Sündhaftigkeit verschiedener Engel (zB im Talmud, Sanhedrin38b).
- Und schließlich sind die Aussagen der Bibel zum Thema Ursache des Leidens derart widersprüchlich (ohne Schuld, Schuld der Eltern, eigene Schuld, Schuld des Königs, Schuld eines Volksgenossen), daß die Frage der Jünger auch rhetorisch gemeint gewesen sein kann.
b) Reinkarnantion im Judentum zur Zeit Jesu
Es mag ein paar gnostische Gruppen gegeben haben, innerhalb
derer man an Reinkarnation geglaubt hatte. Das heutige, ebenfalls
an Reinkarnation glaubende chassidische Judentum geht auf die
Kabbala zurück, deren Vertreter ihr zwar ein hohes Alter
zuschreiben. Ihr Hauptwerk, der Sohar, läßt sich aber gesichert
nur bis in das 13.Jh nChr. zurückverfolgen.
Es gibt zwar u.A. noch das ältere "Buch der
Formung" *1), das aber keine Hinweise auf Reinkarnation enthält.
c) Elia - Johannes dT.
Die "Inkarnation" des Elia in der Person des Täufers Johannes ist in zweifacher Hinsicht problematisch:
- Elia war nicht gestorben, sondern leiblich in den Himmel aufgefahren. Wenn Maleachi nun die Wiederkunft des Elia prophezeiht, dann geht es deshalb nicht unbedingt um eine Reinkarnation des Elia, sondern eher vielleicht um seine Wiederkunft als erwachsener (gewissermaßen um hunderte von Jahren gealterter) Mann.
- Wenn Jesus in Mt.11,14 den Johannes als Elia angesehen wissen will - obwohl Johannes ja als Baby und nicht als alter Mann auf die Welt gekommen ist - , dann muß auch das nicht im Sinne von Reinkarnation verstanden werden. Daß Jesus (bzw. seine Jüngerschaft) sich bei der Deutung Johannes = Elia nicht so ganz wohl fühlt, das geht ja aus der Formulierung "wenn ihr es gelten lassen wollt" hervor. Jesus biegt schlicht eine unpassende Bibelstelle zurecht, wie er oder seine Gemeinde das bei anderen Gelegenheiten auch machen (etwa Joh10,34f <-> Ps82,6f). Und wie man aus Joh10,35 nicht auf die Existenz anderer Götter schließen kann, genausowenig folgt aus Jesu Ansichten über Elia ein Glaube an Reinkarnation.
Dan1,8-16 / Röm14,2f / 1.Kor8,8f / 1.Kor10,25
Die Bibel läßt beides zu, Fleischessen und Vegetarismus.
Ein Jude Jesus, der sich des Passah-Lammes enthält, ist kaum denkbar.
Die einzige Bibelstelle, die man als Gebot des Vegetarismus deuten könnte, ist 3.Mose17,14 (par 1.Mo9,4 oder 5.Mo12,23). Dort wird das Verbot des Blutgenusses damit begründet, daß im Blut das Leben sei. Ich weiß nicht, was für eine Vorstellung dahinter steht. Ich persönlich gehe aber davon aus, daß das Leben in jeder Körperzelle gleichermaßen steckt.
Von einigen Aposteln (Petrus, Jakobus, Johannes, Matthäus, und noch weitere) soll es sich aus den Schriften der Kirchenväter belegen lassen, daß sie sich vegetarisch ernährt haben. Ich selber habe es nur für Matthäus nachgeprüft. Die Stelle findet sich bei Clemens von Alexandria, Paedagogus II.,1.
Vegetarier sehen darin häufig einen Beweis, daß die ersten Christen aus Barmherzigkeit den Tieren gegenüber Vegetarier gewesen seien. ME ist der Grund eher in der Zerstörung des Tempels zu suchen. Es war zumindest in einigen jüdischen Sekten Brauch, Fleisch nur dann zu essen, wenn es vorher Gott geopfert worden ist, und zwar nach einem speziellen Ritus, der ohne Tempel nicht durchführbar war.
Dazu aus der Tempelrolle, die man dem Fund von Qumran zurechnen kann (Kol52,13ff): "...Du sollst nicht schlachten (opfern) reine Rinder, Schafe oder Ziegen in all deinen Toren, die meinem Heiligtum bis zu einer Wegstrecke von drei Tagen naheliegen, sondern in meinem Heiligtum sollst du (es) schlachten, um es als Brandopfer oder als Schelamim-Schlachtopfer darzubringen, und du sollst essen.... Und alles Vieh, ... mit einem Makel behaftet, ...du darfst es nicht schlachten nahe meinem Heiligtum, " (ähnlich 3.Mose17,4f)
Deutlicher im Talmud (Bawa batra 60b): "Unsere Meister lehrten: Als der Tempel zum zweitenmal (nach manchen Texten: erstenmal) zerstört wurde, mehrten sich die Abgesonderten in Israel, die kein Fleisch aßen und keinen Wein tranken. Da gesellte sich Rabbi Jehoschua zu ihnen und sagte ihnen: Meine Söhne, warum eßt ihr kein Fleisch und trinkt keinen Wein? Da sagten sie zu ihm: Sollen wir Fleisch essen, von dem man beständig auf dem Altar geopfert hat - und jetzt hat das aufgehört! Sollen wir Wein trinken, von dem man beständig auf dem Altar geopfert hat - und jetzt hat das aufgehört! Er sagte zu ihnen: Dann dürften wir ja auch kein Brot essen, da die Speiseopfer unlängst aufgehört haben. ..."
(ebenfalls Bawa batra 60b): "Es wird gelehrt: Rabbi Jischmael, Elischas Sohn sagte: Von dem Tag an, da das Heiligtum zerstört wurde, wäre es rechtens gewesen, daß wir uns selber eine Verfügung auferlegt hätten, kein Fleisch zu essen und keinen Wein zu trinken. Aber man erlegt der Gemeinde nur eine Verfügung auf, wenn wirklich die Mehrheit der Gemeinde mit ihr zu bestehen vermag."
BTW noch eine weitere Stelle aus dem Talmud (Sanhedrin 59b): "Raw Jehuda sagte, Raw habe gesagt: Dem ersten Menschen war kein Fleisch zur Speise erlaubt, wie geschrieben steht: 'Für euch sei es zur Speise und für alle Tiere der Erde' (1.Mo1,29f), aber nicht: Die Tiere der Erde für euch. Als aber die Nachkomen Noahs kamen, erlaubte er es ihnen, wie es heißt: 'Wie das grüne Kraut gebe ich euch alles' "(1.Mo9,3)
sinngemaess: Der Fleischgenuß ist ein Zugeständnis Gottes an die gefallene Menschheit, so steht es bei mir in einer Fußnote.
Es gibt viele Parallelen zwischen dem NT und rabbinischen Quellen (Talmud) und gewichtige Unterschiede zwischen der Lehre Jesu und den Schriften, die man in Qumran gefunden hat, sodaß man Jesus der pharisäischen Richtung des Judentums zurechnen muß.
Die Fälschungslegende geht nach Finger (S.90) auf den Essäer Brief (s.u.) und vor allem auf ein im Umkreis der Theosphie entstandenes Werk "Das Verbrechen von Nicäa" von Morley Steynor zurück (Ende 19.Jh., Abdruck im Vegetarischen Universum 1955, S.2-6, lt. Materialdienst der EZW Stuttgart). Historischer Hintergrund ist der große Bedarf an Abschriften der Bibel nach der konstantinischen Wende. Die Anfertigung von Kopieen war damals ja eine mühselige Angelegenheit. Es dürfte selbstverständlich sein, daß man seine Zeit möglichst effektiv nutzen wollte und darum kein Interesse an minderwertigen Textvarianten hatte. Auch heutzutage ist man ja um einheitliche Bibelausgaben bemüht. Manche Ausgaben, etwa die Gute Nachricht, weisen dabei auf Textvarianten hin. Die Unterschiede betreffen idR. nicht den Sinn sondern nur einzelne Buchstaben oder Wörter. Zuviele Schriften und Fragmente aus der Zeit vor 325 nChr.sind inzwischen gefunden worden, als daß die These von der Verfälschung auf dem Konzil von Nicäa noch haltbar wäre. Ebenso bieten ja die Bibelzitate in den vor 325 entstandenen Schriften der Kirchenväter eine Vergleichsmöglichkeit. Man hätte sämtliche Schriften der Kirchenväter neu schreiben müssen. Auch die Überlieferung der Bibel außerhalb der Grenzen des Römischen Reiches hätte eine lückenlose Vernichtung der "alten Bibelversionen" unmöglich gemacht.
Weitere Neuapokryphen (nach Finger: s.u. Literatur):
- Alpha und Omega - Das Evangelium Jesu nach Gebriele Wittek
Es wurde in den Jahren 1975 ff medial empfangen und baut auf dem EVL auf.
"Heimholungswerk Jesus Christi" = seit 1984 "Universelles
Leben".
- Mariell Wehrli-Frey: Jesat Nassar genannt Jesus Christus, München:
Drei-Eichen-Verlag 1965
aufbauend auf:
- Dr. Otoman Zar-Adusht Ha'nish: Yehoshua, deutsch: David Amman,
Herrliberg/Leipzig: Mazdaznan-Verlag 1921 und
- A.F., Peter und B.A.F.Mamreova: Quellen, Überlieferungen und
Legenden des Morgenlandes
Mazdaznan-Bewegung.
- Das fünfte Evangelium = Urevangelium der Essäer = Der Essäer
Brief
von Friedrich Clemens, eigentlich F.C.Gierke, Titel der zweiten
Auflage 1868: "Jesus der Nazarener. Des Weisesten der Weisen
Leben, Lehre und natürliches Ende. Der Wirklichkeit nacherzählt
und dem deutschen Volke gewidmet." 1. Auflage Hamburg 1867,
5. Auflage Berlin 1975 und andere Quellenangaben.
Kurz nach seinem Erscheinen als Fälschung eines P.F.H. Klencke
entlarvt.
- Rudolf Steiner: Aus der Akasha-Forschung - das fünfte Evangelium, Dornach, 4.Auflage 1985
- fünftes Evangelium, von Hans Naber (?)
- "Talmud Jmmanuel - die Lehren Jmmanuels alias Jesus
Christus. Erstübersetzung einer aramäischen Originalschrift des
Jmmanuel-Jüngers Judas Ischarioth. Aufgefunden im Jahre 1963 in
der wirklichen Grabhöhle Jmmanuels durch Eduard Albert Meier
genannt Billy und übersetzt in die deutsche Sprache durch Isa
Rashid" , Hinterschmidrüti: Frei Interessengemeinschaft für
Grenz- und Geisteswissenschaften und Ufologiestudien 1991.
Auch hier eine fast schon übliche Geschichte von Auffindung und
spurlosem Verschwinden eines Manuskriptes und Versuchen, seine
Veröffentlichung zu unterdrücken.
- Das Wassermann-Evangelium
in jeder esoterischen Buchhandlung erhältlich, von Levi H.
Dowling medial empfangen, 1911 Erstveröffentlichung
- "Das mystische Leben Jesu" von H. Spencer Lewis
Rosenkreuzer. Ihre Archive sind Bibelforschern angeblich nicht
zugänglich.
- Botschaft des Jakobus (alter Titel: Evangelium des Jakobus), Baden-Baden, Verlag dem Wahren-Schönen-Guten 1982, Fraternität Silvani
- Die Offenbarungen des Jakob Lorber
19. Jahrhundert, zB Jakobusevangelium und Evangelium Johannis, möglicherweise
beeinflußt durch
- E. Swedenborg: Himmlische Geheimnisse (18. Jh) und
- A.K.Emmerick: Jesus mitten unter den Seinen, aufgezeichnet von
C.Brentano, Kevelaer, Butzon&Bercker 1986
- Das Buch Mormon, 1830 Erstveröffentlichung
- Das Evangelium von Ares
von Michael Potay um 1975 empfangen.
- Barnabasevangelium, seit dem 16. Jh. bekannt
- das lateinische Kindheits-Evangelium
- Evangelim des Josephus (Edgar J. Goodspeeed: Modern Apokrypha, Boston, BeaconPress 1956, Seiten 76-80)
- Geheimes Evangeliium nach Markus, ein Brief von Clemens von Alexandria, Echtheit umstritten
- Die Pilatusbekenntnisse (bzw. -protokolle, -akten, nicht zu
verwechseln mit den von Tischendorf herausgegebenen) wurden von
Reverend W.D.Mahan 1879 publiziert "unter dem Titel A
Correct Transcript of Pilate's Court; das Büchlein mußte schon
im nächsten Jahr neu aufgelegt werden und erschien als The Acta
Pilati, kommentiert von Rev. Georges Sluter; der Erflg ließ
Mahan noch weitere Dokumente (er)finden, die er 1884 zusammen mit
dem vorhandenen als The Archeological and the Historical Writings
of the Sanhedrin and Talmuds of the Jews, Translatet from the
Ancient Parchments and Scrolls at Constantinople and the Vatican
at Rome herausgab (abgekürzt ... Archko Library oder Archko
Volume)" , so schreibt Finger auf Seite 106
- Das Todesurteil Jesu = Kupferplatte von Aquila und die
- Protokolle des Sanhedrin würden vermutlich aus dem 16. Jh.
stammen
(bezüglich dieser "Prozeßprotokolle verweist Finger auf
Beskow: Strange Tales sowie Goodspeed: Modern Apokrypha und
Rudolph Hofmann: Das Leben Jesu nach den Apokryphen, Leipzig,
Voigt, 1851)
- Brief des Lentulus (siehe Hofmann und Goodspeed)
- Benanbrief (siehe Goodspeed)
- Jesus-Rolle, angeblich auf Massada von Jesus, Sohn von Jakob, 73 nChr. verfasst, publiziert bei Angus & Robertson 1973, Paperback bei Sphere Books 1975. Die Rolle soll 1963 in Massada gefunden, von Donovan Joyce aus Israel herausgeschmuggelt und dann von einem Prof. Max Grosset übersetzt worden sein. Grosset behauptet die Identität des Verfassers mit Jesus Christus.
- das 29. Kapitel der Apostelgeschichte (Geo. J. Stevenson: The long lost chapter of the Acts of the Apostels containing an account of the Apostle Paul's journey into Spain and Britain and other interesting events, London 1871), zur Untermauerung der These, daß die Briten Nachkommen der verlorenen zehn Stämme seien.
- das zweite Buch der Apostelgeschichte (Kenneth Sylvan Guthrie: The Long-Lost Second Book of Acts, Medford MA, Prophet Publishing House 1904), Jesus und Maria hätten an Reinkarnation geglaubt.
Schließlich möchte ich ergänzen:
- Toledoth Jeschu, viel zitiert ist hier: Samuel Krauss: Das Leben Jesu nach jüdischen Quellen, Hrsg. u. erl. Berlin 1902, Nachdruck Hildesheim/ New York 1977. Krauss datiert die Schrift auf das 5.-6. Jh., andere Datierungen vom 1. bis zum 10. Jh..
- Talmud, nach Maier (s.u. Literatur) sind möglicherweise sämtliche Jesusstellen des Talmuds erst im Nachhinein auf Jesus Christus bezogen worden. Er schreibt S. 273f: "Selbst im 4. Jh., als das Christentum im römischen Reich die Macht errang, hat das Judentum Palästinas allem Anschein nach noch immer im Heidentum seinen eigentlichen Gegner gesehen.... Erst im Verlauf der repressiven byzantinischen Religionspolitik im 5., 6. und 7. Jh. (vor der arabischen Eroberung) hat das Christentum, mit der römisch-byzantinischen Weltmacht gleichgesetzt, für das Judentum die Fratze des 4. Danielschen Weltreiches und den Charakter des Götzendienstes angenommen. In dieser Situation war es auch durchaus möglich, in der rabbinischen Ben-Stada/ Ben-Pandera-Figur, die mit dem Vorwurf der Verführung zum Götzendienst verbunden war, den Stifter des Christentums zu erblicken."
- Kemal Salibi: Die Bibel kam aus dem Lande Asir.
Gehört eigentlich nicht hierher, da nicht von Jesus die Rede ist.
Aber eine extra Seite war mir das Buch auch nicht wert. Es geht
um linguistische Argumente, mit deren Hilfe bewiesen werden soll,
daß gewisse Ortschaften in Asir (Saudi-Arabien) biblische Namen
tragen. Die Entfernugen der Ortschaften zueinander würden besser
zu bestimmten biblischen Geschichten (aus dem Buch Josua, wenn
ich mich recht erinnere) passen, als die Lagen der entsprechenden
Ortschaften in Palästina.
Faszit: Es ist kaum sinnvoll, jeder Sensationsmeldung hinterherzulaufen, wo Christus uns doch jederzeit im Bruder ("wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind ..."), im Nächsten (Mt25,40) und nicht zuletzt im eigenen Herzen (Joh.14,26) begegnet!
*1) http://www.webcom.com/hermit/page/sefer.htm
(Das Buch der Formung, Text, englisch)
Vegetarismus
im Christentum
Vegetarismus
im Christentum (eine pdf-Datei)
http://www.bunkahle.com/Aktuelles/EVL.html
(Vorsicht!)
http://members.yline.com/~naturpur/evangelium.html
(Auszüge aus dem Evangelium des Vollkommenen Lebens und aus den
Evangelien der Essener. Vorsicht!)
http://www.das-wort.com/de/dimw/dimw.html (Vorsicht!,
EVL - Der Text, mit Erweiterung Universelles Leben)
http://www.essene.org (Vorsicht!)
http://www.j-lorber.de
http://ourworld.compuserve.com/homepages/Swedenborg/nj.htm
http://home.t-online.de/home/chrislages/barnabas.htm
unwissenschaftliche bis unseriöse Literatur:
- Das Evangelium des vollkommenen Lebens, "übersetzt"
von G.J.R. Ouseley, deutsch von W. Zimmermann, Humata Verlag
Harold S. Blume, 7.Aufl. 1993 (Textausgabe)
- Dr. E. Bordeaux Szekely: Das Evangelium der Essener, Buch 1-4
Gesamtausgabe, Verlag Bruno Martin 1988 (Textausgabe)
- Hazrat Mirza Ghulam Ahmad: Jesus starb in Indien, Verlag Der
Islam, Frankfurt/Main, Nuur-Moschee, Babenhäuser Landstraße 25,
1988, (Erstausgabe 1899)
- Siegfried Obermeier: Starb Jesus in Kaschmir?, Econ Verlag, in
Lizenz bei Volker Henning, 1993
- Holger Kersten: Jesus lebte in Indien, Knaur, 1983
- Carl Anders Skriver: Die Lebensweise Jesu und der ersten
Christen, Skriver-Verlag, 1988
- Baigent/ Leigh: Verschlußsache Jesus, Droemer Knaur
- siehe auch oben im Text unter sonstiges
nicht einordnen kann ich:
- Kamal Salibi: Die Bibel kam aus dem Lande Asir, Eine neue These über die Ursprünge Israels, Rowolt 1985, Copyright beim SPIEGEL-Verlag
seriöse Literatur:
- Günter Grönbold: Jesus in Indien - Das Ende einer Legende, Kösel,
1985
- Joachim Finger: Jesus - Essener, Guru, Esoteriker? Neuen
Evangelien und Apokryphen auf den Buchstaben gefühlt, Matthias-Grünewald-Verlag
Mainz/ Quell Verlag Stutgart, 1993
- Günter Schlichting: Ein jüdisches Leben Jesu, Die
verschollene Toledot-Jeschu-Fassung Tam u-mu'ad, Einleitung,
Text, Übersetzung, Kommentar, Motivsynopse, Bibliographie, J.C.B.Mohr
(Paul Siebeck) Tübingen 1982
- Johann Maier: Jesus von Nazareth in der talmudischen Überlieferung,
Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, 2. Auflage 1992
- siehe auch oben im Text unter sonstiges,
vielleicht wären u.A. Beskow, Goodspeed sowie Hofmann hier mit
anzuführen, ich habe ihre Werke aber nicht eingesehen.
Adresse dieser Seite:
http://www.ulf-gerkan.de/faelschu.htm
erstellt: ca. Winter 2000/2001 letzte Änderung: 27.02.2001